Let it Grow - über das Wachsenlassen im Wildgarten
- stephaniesiegmund
- 2. Juli 2022
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Juli 2022
Ist eine Garten - Neuanlage sinnvoll oder kann man einfach abwarten, bis sich die erwünschten Wildpflanzen von selbst einstellen? Am besten funktioniert ein Je-nachdem - Kompromiss. Hier die Vor - und Nachteile nach langjährigen Selbstversuchen...

Im wilden Garten tupft die Natur immer wieder von selbst hübsche Kombinationen zusammen. So wie hier Rupprechtskraut, Hahnenfuß und Schachtelhalm auf Schieferbruch .
Das Let - it - Grow Prinzip im Garten: Das könnte im besten Falle Gartengestaltung im Dialog mit der Natur sein. Im schlimmsten Fall überwuchert ein besonders hartnäckiger Gartenbully alles und für immer. Kann sich Vielfalt einstellen, wenn wir den Garten sich selbst überlassen? Eine Anleitung zum Wachsen Lassen oder lieber nicht Wachsen Lassen!
Gartengestaltung nach dem Let-it-Grow Prinzip
Eine wunderbare Naturerfahrung
Wildpflanzen wachsen lassen, sie begrüßen und entdecken, Teil des Ganzen zu sein, kann zu den schönsten Erfahrungen im Garten gehören. Als würde die Natur als zweiter Player mitschreiben am Skript. Wie schön, ein Neuankömmling! Wie heißt du? Wer bist du? Das ist Ökologie pur. Und ganz gleich, für welche Vorgehensweise man sich im Wildgarten entscheidet: Möglichkeiten für Neuankömmlinge sollten immer enthalten sein.
Die Vorteile
Ein bereits funktionierendes Ökosystem wird durch behutsames Wachsen - Lassen viel weniger gestört als bei einer Neuanlage. Anrollende Radlader, großflächiges Abtragen der Grasnarbe und ähnliche Aktionen sind da natürlich eher deep impact. Es wäre nicht nötig, große Mengen an Jungpflanzen zu kaufen. Oder anzusäen. Und nebenbei lernt man eine Menge über Wildpflanzen.
Die Nachteile
Das Prinzip könnte also attraktiv sein. Falls - und wirklich nur falls - der Neuankömmling kein stumpfblättriger Ampfer ist... Falls keine Quecken, Winden, Giersch und kriechende Hahnenfußgewächse bereits fest verankert im Boden vorhanden sind... Falls kein Nährstoff - Überangebot es einer einzigen dominanten Art ermöglicht, das gesamte Areal zu überwuchern.
Anderenfalls aber eher nicht. Es sein denn, ein wirklich kundiger Gartenmensch sorgt für den notwendigen Konkurrenzausgleich und das für sehr sehr lange Zeit.
Denn: Wachsenlassen erfordert Know - How, Aufmerksamkeit und einen wachen Blick. Es erfordert auch gewisse Standortvoraussetzungen. Und es ist ganz gewiss kein Konzept zum Zeit sparen.
Wachsen lassen - ein anspruchsvolles Konzept
Neuankömmlinge im Garten können eben auch extrem invasive Pflanzen sein, die sich mit Wurzelausläufern unkontrollierbar ausbreiten und damit jede Vielfalt unterdrücken. Oder bestimmte Neophyten, die im Ökosystem Schaden anrichten.
Es ist also sinnvoll, den Aufwuchs im Auge zu behalten und schon im Jungpflanzenstadium zu erkennen, mit welchen Kraut wir es zu tun haben. Pflanze für Pflanze. Allein das kostet Zeit. Von den Gegenmaßnahmen bei missglückten Experimenten ganz zu schweigen.
Auch der Standort spielt eine Rolle: Stickstoffreiche, am besten noch steinige und lehmige Böden lassen sich problemlos vom wildesten Bully im Ring überwuchern. Der gräbt sich dann mit seinen Wurzelausläufern zwischen den Steinen fest. Ende. Ebenso schwierig wird es, wenn am Standort schon Quecken, zu viele Nesseln und anderes fest verankert sind.
Nach den Erfahrungen mehrerer Jahrzehnte kann ich versichern: Eine kluge Neuanlage ist weniger zeitaufwändig und erlaubt dennoch den Zuzug von Neuankömmlingen. Mit ein bisschen Steuerung kann man Habitate schaffen, die von selbst Vielfalt fördern.
Vielfalt fördern durch passende Standortbedingungen
Wie aber kann das gelingen? Ein mittleres Maß menschlicher Einwirkung ist optimal für die Biodiversität. Unsere alten Kulturlandschaften beweisen dies! Heuwiesen, Streuobstwiesen, Lehmkauten, Steinbrüche und Brachen zeugen davon:
Ein gewisser Grad an Störung, aber auch Mangel oder Abwechslungsreichtum sind die besten Voraussetzungen für eine Vielfalt, die sich von selbst einstellt.
Im nährstoffarmen Habitat kann eine Pflanzenart besser bestehen, wenn sie Nachbarn mit anderen Bedürfnissen hat. Man konkurriert dann nicht um die gleichen knappen Recourcen, die Wurzeln erreichen unterschiedliche Bodenschichten und vieles mehr.
Magere Wiesen, trockene Hänge, Feuchtgebiete, Schotterrasen und Wildgehölzehecken bieten Voraussetzungen, die den vielfältigen Zuzug von Wildpflanzen erleichtern. Hat man sie nicht, schlägt man sich mit überdüngten ehemaligen Viehweiden herum oder Queckenrasen, ist es besser, eine Neuanlage zu planen. Wir werden euch nach und nach mit konkreten Anleitungen dazu unterstützen!
Meine Tipps
Lerne deinen Garten kennen. Im stickstoffreichen Ampferhalden und lehmigen Queckenrasen wird ohne Zutun keine Wiese entstehen.
Informiere dich über die Ökosysteme, die du fördern möchtest.
Schaffe nährstoffarme Gebiete durch Abmagerung
Finde oder schaffe Areale mit unterschiedlichen Voraussetzungen , Licht und Schatten, Trockenheit und Feuchtigkeit
Kenne und liebe die Neuankömmlinge. Heiße sie willkommen! Du wirst sehen: Die merken das!
Kenne und respektiere deine Gegenspieler. Kenne sie,sobald sie die Köpfe aus der Erde stecken. Gib ihnen Plätze, an denen sie sich nicht weiter ausbreiten können.
Und zu guter Letzt: Manche dieser Pflanzen werden nicht von selbst verschwinden. Das musst du bei deiner Planung berücksichtigen.
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